Geschichte Gottscheergemeinschaften

Wo leben die GottscheerInnen? – 1. Teil: GottscheerInnen in Cleveland

Insbesondere in den Sommermonaten kann man auf den Straßen in Kočevska (Gottschee) immer mehr Autos, manchmal sogar einen Bus, mit ausländischen Kennzeichen bemerken. Außer BesucherInnen, die nach Kočevska von der unversehrten Natur angelockt werden, gibt es auch jene, die dort nach ihren Wurzeln suchen. GottscheerInnen und deren Nachkommen besuchen die Dörfer, wo ihre Eltern oder Großeltern gelebt haben. Sie besuchen auch Archive, um Daten über ihre Vorfahren zu finden.

Auswanderung aus Kočevska

Obwohl die Geschichte von Kočevska vor allem durch die Auswanderung von GottscheerInnen wärend des zweiten Weltkrieges in den Jahren 1941/42 tragisch geprägt wird, war die Auswanderung, so wie anderswo in Krain, insbesondere in der Zeit der Weltwirtschaftskrisen sehr stark. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts sind GottscheerInnen ausgewandert, um deren Broterwerb in der Fremde zu suchen. Bescheidene Naturgegebenheiten (Karstgebiet, Mangel an Wasser und urbaren Flächen usw.) sowie ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse in Kočevska haben vor allem eine massenhafte Auswanderung in USA verursacht, wo vor dem zweiten Weltkrieg schon mehr GottscheerInnen als in Kočevska gelebt haben sollen. Bis zum zweiten Weltkrieg sind GottscheerInnen in europäische Länder bis nach Tschechien, insbesondere als Hausierer, gegangen. In größeren Städten der Österreich-Ungarischen Monarchie haben einige sogar eigene Geschäfte eröffnet, während andere folgten, um dort eine Ausbildung machen zu können.

Fahnen- und Bannerumzug, Gottscheer Treffen, Cleveland 2022. Foto: Anja Moric.
Fahnen- und Bannerumzug, Gottscheer Treffen, Cleveland 2022. Foto: Anja Moric.

GottscheerInnen in Cleveland

Der Gottscheer Kalender aus dem Jahre 1926 berichtet, dass die ersten vier Gottscheer in die USA im Jahre 1853 ausgewandert sind. Um das Jahr 1880, also keine 30 Jahre später, soll es in Cleveland schon eine größere Zahl von GottscheerInnen gegeben haben, die in den dortigen Industrieunternehmen angestellt wurden. In Cleveland, wo die soziale Unterstützung für ArbeiterInnen seitens des Staates unzureichend geordnet wurde bzw. nicht vorhanden war, haben gottscheerische IndustriearbeiterInnen schon im Jahre 1889 den Ersten österreichischen Unterstützungsverein gegründet. Nach dem zweiten Weltkrieg hat der Verein im März 1946 zusammen mit dem zweiten gottscheerischen Verein Deutscher österreichischer Unterstützungs Verein, der ebenso in Cleveland tätig war, Gottscheer Relief Committee gegründet. Der Zweck dieser neuen Organisation war die Unterstützung für GottscheerInnen in Europa, die nach dem Krieg ohne ihre Heimat geblieben sind. Im Jahre 1955 wurden die Vereine in den Ersten österreichischen Unterstützungs Verein mit der Abkürzung EOUV zusammengelegt, der noch heute tätig ist.

Verein E.O.U.V. hat ein kleines Museum auf dem Vereinsgelände eingerichtet. Im Bild: Joe Valenčič, Anja Moric und Sonia Juran Kuleszca. Foto: Kelly Kinkopf, 2022.
Verein E.O.U.V. hat ein kleines Museum auf dem Vereinsgelände eingerichtet. Im Bild: Joe Valenčič, Anja Moric und Sonia Juran Kuleszca. Foto: Kelly Kinkopf, 2022.

Der Verein hat im Jahre 1983 mit der freiwilligen Arbeit dessen Mitglieder und Spenden ein neues Kulturheim bzw. Klub mit einem Fußballspielplatz, Pavillon und dem Wirtschafterhaus gebaut. Auf dem Besitztum, das Gottscheer Park genannt wird, können die BesucherInnen in einem kleinen Wald spazieren, wodurch der Gottscheer Weg führt. Im Rahmen des Klubs gibt es die Blaskapelle, eine Tanzgruppe und einen Gesangschor.

Auftritt der Gottscheer Blaskapelle in Cleveland, 2022. Foto: Anja Moric.
Auftritt der Gottscheer Blaskapelle in Cleveland, 2022. Foto: Anja Moric.

Die Gottscheerinnen sind besonders stolz auf die Frauengruppe des Vereins Ladies Auxiliary, die sich heutzutage um die Küche und kulinarische Spezialitäten bei verschiedenen Anlässen kümmert. Am Anfang des 20. Jahrhunderts waren Frauen auch politisch aktiv, weil Gottscheerinnen in Cleveland genauso wie Männer organisiert nach mehr Arbeitsrechten gestrebt haben.

Catering im Rahmen des Gottscheer Treffens, Cleveland, 2022. Foto: Anja Moric.
Catering im Rahmen des Gottscheer Treffens, Cleveland, 2022. Foto: Anja Moric.

Aktivitäten des Klubs haben einst noch andere Tätigkeiten wie eine Theatergruppe und eine Gruppe für Wintersport umfasst. Der im Jahre 1953 gegründete Fußballklub war noch in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts tätig, und zwar unter dem Namen Blau-Weiss Kickers bzw. unter der weiß-blauen gottscheerischen Farbe.

Quellen:
– Sieder, Joseph at al. 1989. 1889-1989 E.O.U.V.
– Ferenc, Mitja. 2005. Kočevska – pusta in prazna. Ljubljana: Modrijan.

Wo Gottscheer-Gemeinschaften noch zu finden sind, lesen Sie im nächsten Beitrag. Über die Beschäftigung von Gottscheer-Fußballspielern hier.

Dieser Beitrag ist auch verfügbar in: Slowenisch Englisch

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