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Topli Vrh (Untertaplwerch) – das ehemalige gottscheerische Dorf unter dem Patronat von heiligen Petrus und Paulus

Das Dorf Topli Vrh

Wenn wir heute die Asphaltstraße von Črmošnjice in Richtung des Skigebiets Gače oder weiter in den ausgedehnten Wald hinauffahren, können wir nur vermuten, dass wir durch eines der größten ehemaligen gottscheerischen Dörfer in dem Teil des Kočevski rog fahren. Es handelt sich um Topli Vrh, das auf der sonnigen Lage des Hügels Topli vrh liegt. Auf diesem Gipfel befand sich bereits in prähistorischer Zeit eine Bergfestung bzw. Hochgebirgssiedlung, die die Straßenverbindung in das Tal kontrollierte.

Ein Blick auf Topli vrh von der Straße zwischen Črmošnjice und Srednja vas.
Ein Blick auf Topli vrh von der Straße zwischen Črmošnjice und Srednja vas. Foto: Blaž Štangelj, 27. 10. 2024.

Das Dorf geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Im Urbarium von 1574 wird der Name als Tablwerch angegeben. Zu dieser Zeit gab es 6 Halbhöfe mit zwischen 30 und 35 Einwohnern. Im Jahr 1770 hatte das Dorf 15 Häuser, genauso wie im Jahr 1824. Damals verzeichneten die Ersteller des Franziszeischen Katasters, dass das Dorf 114 Einwohner gehabt habe, und zwar 56 Männer und 58 Frauen. Aus dem Kataster geht man auch hervor, dass die Häuser entlang der Straße standen und von Wiesen, Obstgärten, Ackern und Wäldern umgeben waren.

Topli vrh in einem Ausschnitt aus dem Franziszeischen Kataster, 1824.
Topli vrh in einem Ausschnitt aus dem Franziszeischen Kataster, 1824. Quelle: Kulturministerium, Register des Kulturerbes, eine Interaktivkarte des Kulturerbes, https://geohub.gov.si/ghapp/giskd/

Im Jahr 1880 gab es im Dorf 21 Häuser und 123 Einwohner und im Jahr 1900 waren es 129 Einwohner. Im Jahr 1936 hatte das Dorf 24 bewohnte Häuser mit 125 Einwohnern und weitere 5 Häuser standen leer. Die Dorfbewohner waren mit der Abholzung des Waldes und dem Verkauf des Holzes beschäftigt und brannten wahrscheinlich auch Kohle. Sie betrieben auch Ackerbau und Viehzucht für den Eigenbedarf. Im Jahr 1834 wurden im Dorf 3 Pferde, 30 Ochsen, 11 Kühe, 10 Kälber und Lämmer, 45 Schafe und 15 Schweine gezählt. Einige Einwohner beschäftigten sich auch mit der Herstellung und dem Verkauf von Holzgeräten. Zwei Bauern bewirtschafteten auch einen Weinberg auf der Semiška gora.

Die beiden Brunnen zum Sammeln von Tropfwasser im ehemaligen Dorf Topli Vrh.
Die Brunnen zum Sammeln von Tropfwasser im ehemaligen Dorf Topli Vrh führen immer noch Wasser. Foto: Blaž Štangelj, 27. 10. 2024.
Unter dem ehemaligen Dorf Topli Vrh befindet sich ein ummauertes Wasserreservoir.
Unter dem ehemaligen Dorf Topli Vrh befindet sich ein ummauertes Wasserreservoir. Foto: Blaž Štangelj, 27. 10. 2024.

Die Kinder aus Topli Vrh besuchten die Schule in Črmošnjice, deren Ursprünge auf das Jahr 1822 zurückgehen. Im Jahr 1929 waren 24 von 108 Einwohnern in Topli Vrh Schulkinder. Hoher Schnee und Schneeverwehungen erschwerten den Schulbesuch im Winder.

Kirche der heiligen Petrus und Paulus

Die Kirche der heiligen Petrus und Paulus (gefeiert am 29. Juni) ist eine Filiale der Pfarre Črmošnjice. Ihre erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1689, als sie von Valvasor in seinem Werk Die Ehre des Herzogtums Krain erwähnt wurde. Die Kirche ist höchstwahrscheinlich fast 200 Jahre älter. Auf dem geschnitzten Hauptaltar (der am Ende des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts errichtet wurde) waren Statuen der heiligen Petrus und Paulus und an den Seiten Statuen des heiligen Antonius und des heiligen Franziskus sowie einiger anderer nicht identifizierten Heiliger. Außerdem gab es zwei Seitenaltare mit Gemälden der heiligen Maria, der Mutter vom guten Rat und der heiligen Cosmas und Damian. Die Kirche hatte ein Holzgewölbe über dem Kirchenschiff, einen hölzernen Chor, eine Kanzel und 27 Kirchenbänke. Im Glockenturm befanden sich drei Glocken.

Glockenturm der Kirche der heiligen Petrus und Paulus in Topli Vrh.
Glockenturm der Kirche der heiligen Petrus und Paulus in Topli Vrh. Foto: Blaž Štangelj, 20. 3. 2016.

Das Dorf und die Kirche während des Zweiten Weltkrieges und unmittelbar danach

Topli Vrh teilte das Schicksal der meisten gottscheerischen Dörfer im Gebiet von Kočevski rog. Nach der Besetzung des Dorfes durch die faschistische italienische Armee verließen alle 118 Einwohner von Topli Vrh am 20. und 21. Dezember 1941 das Dorf und emigrierten über den Bahnhof Semič nach Posavje in Posotelje an der damaligen Grenze des Hitlers nazistischen Dritten Reiches. Am 22. Juli, während der Offensive, wurde das Dorf von der italienischen Armee niedergebrannt. Ein Haus und die Kirche entgingen dem Feuer. Während der Offensive hielten sich dort italienische Soldaten auf und zerstörten Kirchenbänke und Teile der Altäre, indem sie sie in den Brand setzten. An die vom Feuer verbrannte Wand ritzten sie in italienischer Sprache die Worte „zerstörte Partisanen“ (noch 1947 sichtbar). Auch Partisanen hielten sich mindestens einmal in der Kirche auf, im August 1942 wird ein Bataillon der Tomšič-Brigade erwähnt. Das Dorf wurde nie wieder aufgebaut. Zwischen 1943 und 1945 gab es in den nahe gelegenen Wäldern einige versteckte Partisanenlazaretten. Dafür wurden auch Fensterrahmen und ein Teil der Dachziegel von der zerstörten Kirche verwendet. Gemälde und Altarstatuen wurden zerstört oder beschädigt.

Das niedergebrannte Dorf Topli Vrh, am 6. 9. 1944. Reproduktion des Bildes von France Mihelič.
Das niedergebrannte Dorf Topli Vrh, am 6. 9. 1944. Reproduktion des Bildes von France Mihelič. Die Ansichtskarte wird von Blaž Štangelj aufbewahrt, und die Zeichnung vom Museum der neueren und zeitgenössischen Geschichte Sloweniens (Muzej novejše in sodobne zgodovine Slovenije).

Unmittelbar nach dem Kriegsende wurden die Ruinen der Häuser zertrümmert und als Böschungsmaterial für den Straßenbau zum Dorf Komarna vas verwendet. Die Mauern der Kirche wurden 1964 weiter abgebaut. Der Glockenturm wurde stehen gelassen, da er aufgrund seiner strategischen Lage für die Militärbehörden einen wichtigen Orientierungspunkt darstellte. Das Dorf Topli Vrh wurde 1955 als Siedlung abgelöst, ebenso wie en Drittel der vernichteten ehemaligen Siedlungen im Gebiet Gottschee.

”Wir gingen nach Topli Vrh” – eine Hochzeit im Jahr 1945

Die Maler Alenka Gerlovič und Vito Globočnik waren als Künstler in Partisanenbewegung tätig. In den Jahren 1944 und 1945 besuchten sie auch das verbrannte Dorf Topli Vrh und stellten es dar. Die Liebenden entschlossen zu heiraten. Ihre Vorgesetzten waren zuerst zurückhaltend. Sie wollten eine bescheidene Hochzeit, ohne Pomp, die sie eigenmächtig auf der Spitze des Glockenturms der Kirche in Topli Vrh vollzogen. Die Statuen zweier Heiligen, ohne Hände, die sie von dem beschädigten Altar nahmen, waren Zeugen dieser Zeremonie. Ihre Namen und das Datum wurden in den Balken des Glockenturms eingemeißelt und ihre informelle Ehe wurde vollzogen.

Topli Vrh im 21. Jahrhundert

Heute erinnern bescheidene steinerne Überreste der Grundrisse der Kirche und der Häuser, ihre Wasserreservoire und Obstbäume an das ehemalige Dorf. Das Modell der Kirche im Maßstab 1:50 wurde von Tone Troha angefertigt. Auf den Weiden rasen Rinder und Pferde des Hofes Mihelčič aus der Gemeinde Semič.

Überreste der Häuser im Dorf Topli Vrh
Überreste der Häuser im Dorf Topli Vrh. Foto: Blaž Štangelj, am 27. 10. 2024.

Das sichtbarste Überbleibsel des ehemaligen Dorfes ist der Glockenturm der Kirche. Im Jahr 2004 wurden die bescheidenen Überreste der Kirche gereinigt und das Dach der Kirche wurde restauriert und mit Kupfer bedeckt. Im Innern wurde eine Holztreppe eingebaut. Die Restaurierung wurde vom Gottscheer Altsiedlerverein und Freiwilligen mit finanzieller Unterstützung aus Südtirol durchgeführt. Die Gier nach Kupferdächern und wiederholte Diebstahlversuche machten die Restaurierungsarbeiten schließlich zunichte. Beim versuchten Diebstahl der Kupferbedachung am 3. April 2023 verursachte vermutlich ein Funke beim Schneiden vom Metall einen Brand. Der Glockenturm ist also wieder ohne Dach, dem langsamen Verfall überlassen, und schreit lautlos nach einer Restaurierung oder zumindest einem Notschutz. Vielleicht findet sich in der Zukunft wieder der Wille und die Kraft, das Erbe zu erhalten und zu präsentieren.

Der Brand im Glockenturm der Kirche der heiligen Petrus und Paulus in Topli Vrh.
Der Brand im Glockenturm der Kirche der heiligen Petrus und Paulus in Topli Vrh. Foto: PGD Semič, 3. 4. 2023.
Der Brand im Glockenturm der Kirche der heiligen Petrus und Paulus in Topli Vrh.
Der Brand im Glockenturm der Kirche der heiligen Petrus und Paulus in Topli Vrh. Foto: PGD Semič, 3. 4. 2023.

Quellen:

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Obrazi slovenskih pokrajin, Alenka Gerlovič in Vito Globočnik, https://www.obrazislovenskihpokrajin.si/oseba/gerlovic-alenka/, https://www.obrazislovenskihpokrajin.si/oseba/globocnik-vito/ (dostop: november 2024).
Perko Drago. Kradli baker, zažgali cerkev! Slovenske novice, 5. 4. 2023, https://www.slovenskenovice.si/novice/slovenija/kradli-baker-zazgali-cerkev-foto/ (dostop: november 2024).
PGD Semič, Požar na Toplem Vrhu, 3. 4. 2023, https://www.facebook.com/profile/100064566140803/search/?q=toplem%20&locale=sl_SI (dostop: november 2024).
Topli Vrh: Zagorel spomeniško zaščiten zvonik, 4. 4. 2023, https://moja-dolenjska.si/topli-vrh-zagorel-spomenisko-zasciten-zvonik/#goog_rewarded (dostop: november 2024).
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Vorheriger Beitrag: Die Höhlen Mala Knežja Jama und Jama nad Dolgim vodnjakom: archäologische Fundstätten im zentralen Teil von Kočevski rog.

Dieser Beitrag ist auch verfügbar in: Slowenisch Englisch

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