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Ein Spaziergang durch das Dorf Občice (Gott.: Khrapflern)

»Ist nicht auch das bescheidenste Behausung schön, wenn man sie aus der Nähe betrachtet?« Mit ähnlichen Gedanken wie französischer Philosoph Gaston Bachelard (1884 – 1962), der sein Werk Poetik des Raumes der Einstellung zum Gefühl der Häuser und Räume gewidmet hat, machte ich einen Spaziergang durch das Dorf Krapflern. Diese Haufensiedlung an der s. g. Partisanenstraße, sieben Kilometer von Dolenjske Toplice entfernt, bietet dem Besucher trotz ihrer geringen Größe den Einblick in eine reiche „Sammlung“ selten erhaltener Baudenkmäler.

Ein Blick auf Občice (Krapflern), August 2023. Foto: Jana Rajh Plohl.
Ein Blick auf Občice (Krapflern), August 2023. Foto: Jana Rajh Plohl.

Občice im Wandel der Zeit

Der slowenische Name des Dorfes Krapflern, Občice, leitet sich vermutlich von der Bezeichnung des gemeinsamen Gemeindegrundstücks ab und verweist auf die ursprüngliche slawische Ansiedlung. Nach der Beschreibung von Mitja Ferenc und Gojko Zupan war das Dorf vor dem Zweiten Weltkrieg vom bescheidenen Ackerbau, Viehzucht und Obstbau (hauptsächlich Apfelplantagen) geprägt. Zu den Nebentätigkeiten gehörten Bienenzucht, Weinbau, Forstwirtschaft und Vorspannen. Krapflern wurde erstmals 1564 im s. g. urbarialen Steuerregister erwähnt. Die meisten Einwohner wohnten dort im Jahr 1869, und zwar 129 Personen in 24 Häusern. In Občice, gottscheerisch Khrapflern, wurde bis zum Zweiten Weltkrieg wie auch anderswo in Gottschee vorwiegend gottscheerischer Dialekt gesprochen.

Nach dem Zeugnis der Dorfbewohnerin Justina Rezelj im Werk von Marija Makarovič Črmošnjiško-Poljanska dolina in njeni ljudje (Die Moschnitze und ihre Leute) beschlossen viele Dorfbewohner aus Občice während des Zweiten Weltkrieges angesichts der starken deutschen Propaganda ins Reich zu ziehen. „Am Nikolausabend 1941 war Krapflern leer. Bis auf unsere sind alle anderen gottscheerischen Familien ausgezogen. Nur unsere Familie blieb in dem verlassenen Dorf zurück. /…/ Mein Vater sagte nur, dass die Dorfbewohner gekommen seien, um sich zu verabschieden, bevor sie gegangen seien.“ (Marija Makarovič: 2005, 484)

In Občice, wo gottscheerische Sprache sechs Jahrhunderte lang ein Teil des Alltaglebens war, verschwand sie nach dem Krieg fast völlig. Frau Justina und andere Kinder, z. B. ihr Bruder Albin Samida, lernten in der Schule von da an Slowenisch statt Deutsch.

Geschütztes bauliches Erbe

Justina und Albin Samida wurden auf dem Bauernhof Kulparš geboren, der dann von ihrer Schwester mit ihrem Neffen und dessen Familie übernommen wurde. Das Haus (gott. hauš), das ursprünglich Nummer 5 hatte, und jetzt hat es Nummer 1, sehen wir auf dem nächsten Foto (das erste von rechts).

Ein Teil von Krapflern, wo wir einige der Häuser sehen können, die ein Teil des geschützten baulichen Erbes sind. August 2023. Foto: Jana Rajh Plohl.
Ein Teil von Občice, wo wir einige der Häuser sehen können, die ein Teil des geschützten baulichen Erbes sind. August 2023. Foto: Jana Rajh Plohl.

Das Register des unbeweglichen Kulturerbes der Republik Slowenien enthält kurze Beschreibungen von drei Häusern in Krapflern, und zwar von den Häusern mit Nummern 4, 6 und 7. Das Haus mit Nummer 4 ist ein Haus aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Es ist teilweise in eine Böschung hineingebaut und hat eine umgebaute schwarze Küche. Das Haus Nummer 6 ist ein Typ des Hauses aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dort war zwischen 1944 und 1945 der Sitz des Kommandos der Relaisstation TV-15, von dem aus Partisanenkurierverbindungen in ganz Slowenien hergestellt wurden (am Haus befinden sich auch zwei Gedenktafeln). Das Haus Nummer 7 ist ebenfalls ein ebenerdiges Haus eines kleinen Bauers, gebaut am Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Jahreszahl 1891 ist noch an der westlichen Giebelseite der Fassade zu sehen.

Das Haus mit der Nummer 7 mit der Jahreszahl 1891, Občice. August 2023. Foto: Jana Rajh Plohl
Das Haus mit der Nummer 7 mit der Jahreszahl 1891, Občice. August 2023. Foto: Jana Rajh Plohl

Erwähnenswert ist auch das renovierte Gehöft an der Adresse Občice 9, in dem Gottscheer Altsiedlerverein seinen Sitz und einen Museumsraum hat. Der Verein wurde 1992 in Pöllandl gegründet und befasst sich in erster Linie mit der Förderung der gottscheerischen Kultur durch folkloristische Aktivitäten und vereinigt so die Gottscheer, die in der Heimat geblieben sind, wie auch ihre Sympathisanten.

Der Sitz des Gottscheer Altsiedlervereins, wo sich seine Räume und eine Museumssammlung befinden. August 2023. Foto: Jana Rajh Plohl.
Der Sitz des Gottscheer Altsiedlervereins, wo sich seine Räume und eine Museumssammlung befinden. August 2023. Foto: Jana Rajh Plohl.

Möglichkeiten für die Entwicklung des Tourismus im Dorf Občice

Als ich zum ersten Mal durch Občice ging, konzentrierte ich mich auf meine Gefühle oder meinen ersten Eindruck. Die Holzfenster, die blaue Platte mit der Jahreszahl 1891 und mit gemalten Verzierungen, die romantisch mit der blauen duftenden Wiese übereinstimmen … Gezierte Fassade vom Haus mit der Nummer 2, die Gedenktafel am Haus mit der Nummer 6… Das Dorf, das – um noch einmal auf Bachelards Idee zu verweisen – von einer durch Bewährungsproben gestärkten Häusergruppe zeugt.

Fensterläden an einem der Häuser in Občice. Foto: Jana Rajh Plohl.
Fensterläden an einem der Häuser in Občice. Foto: Jana Rajh Plohl.

Das bauliche Erbe in der weiten Region Gottschee, das in einem so großen Teil erhalten ist, ist eine echte Seltenheit. Daher ist es besonders wichtig, es richtig zu bewerten und seine Vision mit angemessener fachlicher Anleitung zu definieren. Die Zusammenarbeit mit dem lokalen Umfeld und den Bewohnern ist bei der Renovierung von Häusern und ihrer Wiederwendung besonders wichtig. Die renovierten Häuser können die Bemühungen des Gottscheer Altsiedlervereins um die Wiederbelebung des gottscheerischen Erbes in der Moschnitze bereichern. Zum Beispiel durch das Angebot neuer touristischen Unterkünfte, die Besuchern, vor allem den Gottscheern aus Ausland, in der Atmosphäre des Lebens ihrer Vorfahren bieten können. Eine solche persönliche Erfahrung ist nur eine der Möglichkeiten für die Entwicklung der Gemeinde und ihrer Umgebung. In dieser Weise können sie zu neuem Leben erweckt werden und das Gefühl vermeiden, dass auch sie, wie die meisten Vorkriegsdörfer, dem letzten Zug der stillen Bewunderung entgegengehen.

Quellen:
-Bachelard, Gaston. 2001. Poetika prostora. / Die Poetik des Raumes / 2001. Ljubljana: Študentska založba.
-Društvo Kočevarjev staroselcev / Gottscheer Altsiedlerverein /: https://www.dolenjske-toplice.si/objava/73894.
– Ferenc, Mitja in Gojko Zupan. 2013. Po sledeh Kočevarjev v Črmošnjiško-Poljanski dolini / Auf den Spuren der Gottscheer in der Moschnitze. Dolenjske Toplice: Društvo Kočevarjev staroselcev.
– Makarovič, Marija. 2005. Črmošnjiško-Poljanska dolina in njeni ljudje. Ljubljana: Založba ZRC, ZRC SAZU.
– Das Register des Kulturerbes der Republik Slowenien: https://geohub.gov.si/portal/apps/webappviewer/index.html?id=d6641ae60c0c47e9b027319f4f0f73

Mehr über die neue ethnologische Sammlung des Gottscheer Altsiedlervereins in Krapflern können Sie hier lesen:

Dieser Beitrag ist auch verfügbar in: Slowenisch Englisch

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