Geschichte Kunsthandwerk

Der Herbst hat eben alle Männer mitgenommen – gottscheer Hausierer

»Die Gottscheer waren ein Hausiervolk. Der Herbst hat eben alle Männer mitgenommen. Sie sind in verschiedene Städte gegangen – sogar bis nach Berlin. Sie haben viel verdient und ich muss gestehen, dass es damals in Gottschee-Land – insbesondere in der Stadt selbst – einen wahren Wohlstand gab. In Kneipen konnte man die besten Imbisse bekommen, die auch Ljubljana nicht angeboten hat.« hat im Buch Leta mojega popotovanja (Jahre meiner Reise) Fran Saleški Finžgar niedergeschrieben.

Die gottscheer Männer sind wegen des Verdienstes jedes Jahr in andere Ländern des damaligen Österreich-Ungarns sowie nach Deutschland aufgebrochen. In geflochtenen Körben – Rückentragen – haben sie ihre eigene Ware getragen, die sie abends in Gasthäusern verkauften. Sie haben »fix-nix« – den Glückstopf mit den Zahlen von 1 bis 90 bzw. Spiele »hoch-niedrig«, »drei unter hundert « oder »gerade-ungerade Zahl« angeboten. Der Preis für eine richtige Wette bzw. ausgezogene Zahlen war ein Produkt aus dem Angebot des Hausierers. So war es bis zum zweiten Weltkrieg.

Der gottscheer Hausierer in der Stadt Kočevje/Gottschee. Autor des Fotos: Herbert Otterstädt. Published in: Got
Der gottscheer Hausierer in der Stadt Kočevje/Gottschee. Autor des Fotos: Herbert Otterstädt. Veröffentlichtin: Gottschee, verlorene Heimat deutscher Waldbauern, 1962; verfügbar auf: www.gottschee.de.

Als Kaiser Friedrich III. im Jahre 1492 das Recht auf freien Handel mit eigenen Produkten ohne Steuerzahlung verliehen hat, haben Gottscheer, die zu den ersten europäischen Hausierern, d. h. fliegenden Händlern gehört haben, in größeren europäischen Städten Produkte aus dem Hausgewerbe verkauft: die sog. trockene Ware, Siebenschläferpelze, Leinwand, Vieh usw. Im 18. Jahrhundert haben sie auch die Erlaubnis zum Zwischenhandel von Produkten bekommen, die sie aus den Hafen in Rijeka und Bakar gefrachtet haben: Obst, Reis, Sardinen, Muscheln, Wein usw. Einige, sog. kostajnarji (Maronibrater), haben Kastanien gebraten und verkauft, die andern haben aber mit Süßwaren, Gewinnspielen und Kleingegenständen für den alltäglichen Gebrauch gehandelt.

Ein Hausiererausweis aus dem Jahr 1932. Veröffentlicht auf: www.gottscheer-gedenkstaette.at.
Ein Hausiererausweis aus dem Jahr 1932. Veröffentlicht auf: www.gottscheer-gedenkstaette.at.

Die Benennung Hausierer (Slow. krošnjar) stammt vom geflochtenen Korb (Rückentrage, Slow. krošnja), worin Hausierer ihre Ware getragen haben. Die gottscheer Hausierer haben ihre Rückentrage vorne getragen, wohingegen z. B. Hausierer aus Ribnica (Reifnitz) ihre Rückentrage auf dem Rücken.

Der Hausierhandel war eine Art sozialer Ausgleich, der Gottscheern geholfen hat, in einer unfreundlichen Umwelt zu überleben bzw. er hat ihnen einen zusätzlichen Verdienst ermöglicht. Weil Hausierer mit ihrem Handel den städtischen Händlern das Geschäft weggefressen haben, haben sie ihnen oft widersprochen. In einigen Häusern war Hausierhandel sogar verboten. Die Verordnung aus dem Jahr 1928 hat z. B. Hausierhandel in Ljubljana, Maribor, Celje, Ptuj sowie in anderen slowenischen touristischen Orten verboten, doch hatten die Gottscheer ein Sonderrecht, dass sie sog. gottscheerische Ware –Südfrüchte und Süßware – überall verkaufen konnten. Sie haben auch manches verbotene Gut in einem Doppelboden im Korb geschmuggelt.

Das Schild von einem Wiener Haus: “Betteln und Hausieren sind hier im Hause verboten.” Besitz von Ludwig Kren, präsentiert auf der Ausstellung Vitrinen des Gedenkens
Das Schild von einem Wiener Haus: “Betteln und Hausieren sind hier im Hause verboten.” Besitz von Ludwig Kren, präsentiert auf der Ausstellung Vitrinen des Gedenkens, Projektträger Das Putscherle-Institut.

Hausierer waren auch anderswo in Slowenien anwesend. In Prekmurje (Übermurgebiet) waren es Bosniaken, in Obsotelje (das Gebiet dem Fluß Sotla entlang) sind sog. Saharinke aus Kroatien und Dalmatiner Pičkurinigekommen, Reifnitzer haben ihre trockene Ware verkauft, Schirmmacher haben von Haus zu Haus Regenschirme repariert, sog. urmoharji(Uhrmacher) aus Osilnica-Tal haben Uhren repariert usw. Heutzutage trifft man vor allem vor größeren Einkaufszentren Sloweniens noch immer zeitgenössische Reifnitzer Hausierer. Anstatt ihre Ware in einer Rückentrage zu tragen, fahren sie sie mit kleineren LKWs sowie Transportern herum.

Quellen:
– Saleški Finžgar, Fran 1957: Leta mojega popotovanja, Celje: Mohorjeva družba.
– Fontaine, Laurence 1996: History of Pedlars in Europe. Duke University Press.
– Drnovšek, Marjan 2005: Kočevarski krošnjarji in nacistična propaganda. V: Prispevki za novejšo zgodovino.
– Drnovšek, Marjan 2007: Podoba kočevskih in belokranjskih krošnjarjev v očeh javnosti do začetka 20. stoletja. V: Kronika: časopis za slovensko krajevno zgodovino.
– Počivavšek, Marija 2016: »Krošnjarjenje se je tako razpaslo po deželi, da teh posili trgovcev kar mrgoli«: Krošnjarstvo kot oblika nelojalne konkurence med svetovnima vojnama. V: Zgodovina za vse.

Wollen Sie mehr über die Höhlen in Gottschee wissen? Klicken Sie hier: https://www.kocevskibrlog.com/sl/koblarska-in-crna-jama/

Dieser Beitrag ist auch verfügbar in: Slowenisch Englisch

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